
Neckargemünd, natürlich!
Zahlen, Fakten, Argumente.
Die Geschichte.
Als "schöne Schwester" Heidelbergs und ehemalige freie Reichsstadt (1230-1395) ist Neckargemünd ein Kleinod im Eingang zum Neckartal. Die Altstadt liegt auf einem Rücken oberhalb der Mündung der von Süden herabfließenden Elsenz. Alte Bilder zeigen die Schönheit der Landschaft, das sanfte Ineinandergreifen von Kultur und Natur.
Neckargemünd und Kleingemünd von 100 Jahren. Dank an Frau Dr. Christina Ding-Greiner, die diese alte Postkarte zur Verfügung gestellt hat!
Die Umwelt.
Auf den Kleingemünder Streuobstwiesen leben 2.000 Arten, darunter allein 74 Vogelarten und 5 streng geschützte Käfer. Darunter sind seltene Tiere wie der Wendehals, der Körnerbock und wertvolle Fledermausarten, die nach Aussagen von Kennern bereits als ausgestorben gelten.
Der Flächenverbrauch.
Aufgrund des langfristigen Bevölkerungsrückganges in der gesamten Region führt die Erweiterung der Siedlungs- und Verkehrsfläche zu einer Erhöhung der pro-Kopf-Kosten für die Aufrechterhaltung der technischen Infrastruktur (Straßen, Wasserver- und entsorgung, soziale Einrichtungen etc.). Weist eine Gemeinde heute neue Baugebiete aus, wird sich - zu ihren Lasten! - die Schere zwischen kommunalen Kosten und Einnahmen weitaus stärker vergrößern als bei einer Entwicklung im vorhandenen Siedlungsbestand. Der Nutzung von Innenentwicklungspotenzialen (Flächenrecycling, Nachverdichtung, Baulückenschließung) sollte daher Vorrang vor der Ausweisung neuer Baugebiete „auf der grünen Wiese“ eingeräumt werden. So gilt etwa im Landkreis Karlsruhe schon heute der Grundsatz „Halbierte Dichte – doppelte Infrastrukturkosten“. Mehr ...
Der Verkehrslärm.
Das Neubaugebiet liegt in einem Schalltrichter, in dem der Lärm der Bundesstraße und der - v.a. nächtlich verkehrenden - Güterzüge laut zu hören ist. Durch die Schallreflexionen, die sich vor allem bei der Brückenquerung aus dem Steinbruch auf der Neckarsüdseite ergeben, kommt es zu erheblichen Lärmbelästigungen im Bereich des geplanten Neubaugebiets.
Hinzu tritt ein erheblich zunehmender Verkehrslärm auf der B 37 (Eberbach-Heidelberg), die unmittelbar unterhalb des Neubaugebiets verläuft. Zu befürchten sind ferner Lärm- und Geruchsemissionen durch das im unteren Bereich des Neubaugebiets geplante Gewerbegebiet. Sie werden erheblich über das Maß der jetzt schon - z.B. durch die Autowerkstatt Gassert, den Parkverkehr bei den Supermärkten ALDI und Rewe - bestehenden Lärmbelästigungen hinausgehen.
Der städtische Haushalt.
Neckargemünd ist eine Gemeinde, die nur über geringe Gewerbesteuereinnahmen verfügt. Die Haushaltswirtschaft ist in hohem Maße auf Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich und auf den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer ihrer Bewohner angewiesen. Das ist ein wesentlicher Anreiz für die vom Gemeinderat angestrebte Erhöhung der Wohnbevölkerung.
Riskant: Die Gemeinde hat sich in einem Knebelungsvertrag mit einem Erschließungsträger bereits im Jahr 2006 verpflichtet, sämtliche Grundstücke aus dem geplanten Neubaugebiet aus Steuermitteln aufzukaufen, die bis Ende 2014 (spätestens Ende 2017) nicht privat veräußert werden konnten. Aus dieser Verpflichtung ergeben sich unwägbare Unsicherheiten für den künftigen kommunalen Haushalt.
Leichtsinnig: Für den Fall, dass das Baugebiet nicht kommt, muss die Gemeinde sämtliche Kosten tragen, die dem Erschließungsträger und seinen Subunternehmen entstanden sind.
Glück gehabt: Der Erschließungsvertrag, aus dem sich diese Pflichten ergeben, ist nichtig. Die Stadt hat es versäumt, die Erschließungs- und Vermarktungsleistungen europaweit auszuschreiben.
Die Bevölkerungsentwicklung.
Die Stadt Neckargemünd rechnet mit 650 zusätzlichen Einwohnern. Sie geht dabei von einer vollständigen Bebauung des geplanten Neubaugebiets Kleingemünd aus.
Ein Siedlungsflächenzuwachs Neckargemünds in dieser Größenordnung widerspricht allen aktuellen Voraussagen zur Bevölkerungsentwicklung des Statistischen Landesamtes, das für den gesamten Rhein-Neckar-Kreis bis 2025 einen Rückgang der Bevölkerung um rd. 5.500 Personen prognostiziert. Die dramatischen Brachflächen in anderen Neubaugebieten (Heidelberg-Wieblingen, Kirchheim, Dossenheim, Bammental, Mauer, Neckarsteinach) sprechen eine deutliche Sprache. Hinzu kommt der befürchtete Abzug der amerikanischen Truppen aus Heidelberg und dem Patrick-Henry-Village.
Vor allem aber zeigen die zahlreichen Leerstandsflächen und zum Verkauf stehenden Immobilien, die es schon heute in allen Ortsteilen Neckargemünds gibt: Für ein Neubaugebiet dieser Dimensionen (130.000 qm in der ersten, 200.000 qm in der zweiten Ausbaustufe) besteht kein Bedarf.
Die Menschen.
Mehr als je zuvor sind die Bürgerinnen und Bürger Neckargemünds gespalten: Während die einen seit über zwanzig Jahren auf die Möglichkeit warten, ihr Bauerwartungsland gewinnbringend zu veräußern, sehen andere die wertvolle Natur in ihrer nächsten Umgebung in Gefahr. Während die einen sich auf den Zuzug junger Familien und die Möglichkeit zum generationenübergreifenden Wohnen freuen, befürchten andere gravierende Wertverluste der Bestandsimmobilien. Während die einen neue Gewerbeansiedlungen in Kleingemünd begrüßen, sehen andere der Vergrößerung Kleingemünds um fast 50 % mit Sorge entgegen. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat entschieden: Ob in Kleingemünd gebaut wird, sollen nicht die Bürgerinnen und Bürger entscheiden, sondern allein der Gemeinderat. Am 7. Juni 2009 wird er neu gewählt.